Die Bayreuther Festspiele im Dritten Reich: Hitler und die Familie Wagner (German Edition) by Sabine Busch-Frank & Helmut Strauss
Autor:Sabine Busch-Frank & Helmut Strauss [Busch-Frank, Sabine]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Science Factory
veröffentlicht: 2015-02-16T16:00:00+00:00
Schluss und Ausblick: ‚Bayreuth‘ im Dritten Reich
„Nicht nur die ästhetische, auch die politische Reaktion, schlechter Teutonismus, Frömmelei, Rassenhaß und beschränkter Nationalismus finden hier ihren Rückhalt [...]“. So beschrieb der Musikkritiker und -schriftsteller Paul Bekker 1920 „Bayreuth“ und warnte davor, dass es „immer mehr die Hochburg der Reaktion“ [169] werden würde.
Die Entwicklung bestätigte, wenn nicht gar übertraf seine schlimmsten Befürchtungen: Mit der Unterstützung der Nationalsozialisten, insbesondere in der kritischen Phase nach dem Putsch von 1923 machten sich die politischen Implikationen der vermeintlich rein persönlichen Beziehung zwischen den Wagners und Hitler deutlich bemerkbar.
Siegfried Wagner konnte sich dabei aber, trotz anfänglicher Sympathien für Hitler, in seiner Position als Leiter der Festspiele heraus nicht so deutlich politisch exponieren, wie es seine Frau Winifred es tat. Ob er aber als der „politisch urteilslose [...] Künstler“ charakterisiert werden kann[170], ist fraglich. Es kam zwar zu einer gewissen Distanzierung von Hitler, die aber keine eindeutige, auch politische Positionierung Siegfrieds nach sich zog; daneben ließ Siegfried seine Frau Winifred in Bezug auf Hitler gewähren.
Winifred Wagner war geradezu schwärmerisch von Hitler als Person besonders begeistert: Aber ihre Begeisterung schloss auch seine politischen Ideen, und damit die nationalsozialistische Ideologie ein, was sie nicht zuletzt mit ihrem Parteibeitritt unterstrich. Die Hitler zugekommene Unterstützung war sowohl materieller, als auch ideeller Natur, denn er konnte sich in die Tradition Richard Wagners stellen und sich im Glanze der ‚Weihestätte‘ Bayreuth nicht nur als salonfähig, sondern auch als ein kultureller Bewahrer des Bayreuther Erbes profilieren. Letztlich erwies sich somit das ‚rein Persönliche‘ als Illusion: Auf beiden Seiten, sowohl bei Hitler, als auch bei der Familie Wagner waren Offizielles und Privates unauflösbar miteinander verwoben.
Nach Siegfrieds Tod war die persönliche Beziehung zu Hitler Winifreds Hausmacht, mit der sie sich als Festspielleiterin gegen die Anfeindungen der konservativen Altbayreuther[171] erfolgreich durchsetzte. Ihr geschicktes Kalkül und Machtbewusstsein zeigte sie nach der Einrichtung der Reichskulturkammer[172] im September 1933, die die Gleichschaltung des kulturellen Lebens in Deutschland bedeutete. Während Winifred Wagner sich einerseits erfolgreich weigerte, die Bayreuther Festspiele der Reichstheaterkammer zu unterstellen und, um diesbezügliche Unannehmlichkeiten zu vermeiden, ihre Kontakte zu Hitler spielen ließ, befürwortete sie andererseits die Gleichschaltung der Richard-Wagner-Verbände, von der sie sich eine Disziplinierung der v.a. in diesen Verbänden agierenden traditionalistischen Altbayreuthern erhoffte[173], so dass Kritik an ihrer Festspielführung ausgeschaltet wurde.
Mit Hitlers Machtantritt und seinem ersten Festspielbesuch in Bayreuth als Reichskanzler 1933 begann auch eine großzügige finanzielle Unterstützung der Festspiele mit Zuschüssen im Rahmen von 50.000 bis 100.000 RM jährlich für Neuinszenierungen; dazu kamen noch umfangreiche Kartenankäufe durch das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda und diverse NS-Massenorganisationen[174].
Bei der Umsetzung von Wünschen Hitlers in Bezug auf die Festspiele gab es keinerlei Schwierigkeiten mit der Leitung: So konnte Hitler den von ihm geschätzten Bühnenbildner Alfred Roller für die Neuinszenierung des Parsifal 1934 erfolgreich‚ vorschlagen‘[175], zudem initiierte er den ab 1938 jährlichen Turnus der Festspiele[176]. Noch entscheidender war seine Anweisung, ab 1940 ‚Kriegsfestspiele‘ [177] abzuhalten.
‚Bayreuth‘ wurde im Dritten Reich zu dem, was Thomas Mann sehr treffend als „Hitlers Hoftheater“ [178] bezeichnet hat. Diese Vereinnahmung bedeutete den öffentlichkeitswirksamen und propagandistischen Missbrauch ‚Bayreuths‘ als Repräsentationsbühne und kulturelles Aushängeschild des NS-Staates.
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